Was ist eine Skoliose?

Eine Skoliose ist eine seitliche Verkrümmung und Verdrehung der Wirbelsäule, die häufig auch mit einer Veränderung des Seitenprofils (z.B. Flachrücken) einhergeht.

Diese dreidimensionalen Abweichungen der Wirbelsäule sind zum Teil strukturell fixiert.

Wie erkennt man eine Skoliose?

Neigt sich der Patient mit dem Oberkörper nach vorne (Adam Bending Test) kommt es durch die strukturell fixierten Abweichungen zu Asymmetrien am Rückenprofil.

Wie stark eine Skoliose ist, wird vom Facharzt anhand eines Röntgenbildes ermittelt. Der gemessene COBB Winkel beschreibt die Krümmungsstärke.

Es gibt verschiedene Arten von Skoliosen, welche unterschiedliche Erscheinungsformen und somit auch unterschiedliche Behandlungsschwerpunkte mit sich bringen.

Wie entsteht eine Skoliose?

In etwa 80% aller Fälle ist die Ursache unbekannt, d.h. diese Skoliosen sind "idiopathisch". Bekannt ist allerdings, dass es eine familiäre Häufung gibt bzw. geht man derzeit auch von einem multifaktoriellem Geschehen aus ( SOSORT 2018)

Die idiopathische Skoliose entsteht NICHT aufgrund ungünstigen Alltagsverhaltens, mangelnder sportlicher Betätigung oder allgemeiner Haltungsschwäche. Aus diesen Gründen können skoliotische Fehlhaltungen entstehen, welche jedoch von einer idiopathischen Skoliose zu unterscheiden sind.

Die idiopathische Skoliose entwickelt sich im Kindes - und Jugendalter (in manchen Fällen auch schon früher) und hat meistens einen progredienten (d.h. fortschreitenden) Verlauf, welcher erst stagniert, wenn das knöcherne Wachstum abgeschlossen ist.

Man unterscheidet leichte, mäßige oder deutlich progrediente Verläufe.

Mädchen sind im Verhältnis 4:1 bis 7:1 häufiger betroffen als Burschen.


Während die idiopathische Skoliose auch Primärskoliose genannt wird, handelt es sich bei ca. 20% um Sekundärskoliosen.

Bei Sekundärskoliosen ist die Ursache der Skoliose-Entstehung bekannt. Ursachen hierfür sind entweder neuromuskuläre Grunderkrankungen, Syndromerkrankungen, angeborene Wirbelkörperfehlbildungen oder andere funktionelle Ursachen.

Behandlungsrichtlinien der idiopathischen Skoliose


Internationale Behandlungs-Richtlinien

-SOSORT - Society On Scoliosis Orthopaedic and Rehabilitation Treatment 2018


  • Cobb-Winkel < 15°:

Skoliose-spezifische Physiotherapie, regelmäßige Kontrolle

  • Cobb-Winkel > 15°/20°:

Skoliose-spezifische Physiotherapie + Korsettversorgung

  • Cobb-Winkel > 45°/50°:

Skoliose-spezifische Physiotherapie + Korsettversorgung + Abklärung bezgl. eventuell notwendiger Operation


Physiotherapie bei (idiopathischer) Skoliose

Da es sich bei der Skoliose im Wachstum um eine progrediente (fortschreitende) Erkrankung der Wirbelsäule handelt, ist Physiotherapie in jedem Stadium sinnvoll und hilfreich.

Bei jüngeren PatientInnen wird versucht, das individuell mögliche Optimum an Aufrichtung zu erarbeiten, da die Wirbelsäule noch sehr flexibel ist.

Bei älteren PatientInnen steht die Verhinderung der Krümmungszunahme sowie assoziierter Folgeerscheinungen (Schmerzen, Verminderung des Atemvolumens, Belastung der inneren Organe) im Vordergrund.

Bei der physiotherapeutischen Behandlung von Skoliosepatienten ist vor allem ein multimodaler Ansatz für einen Therapieerfolg essentiell.

Im Zentrum jeder Behandlung sollte die Erfassung der Dreidimensionalität der Skoliose stehen.

Diesem Erfordernis wird vor allem die Schroth - Therapie - benannt nach der Begründerin Katharina Schroth - gerecht. Dabei werden nach ausführlicher Befundung individuelle Übungen, in Kombination mit einer speziellen Atmungsform, erarbeitet. Diese erlernten Übungen sollten in Folge dann auch selbständig und regelmäßig durchgeführt werden.

Die Therapie nach Schroth eignet sich für alle Altersklassen ab dem Schulalter.

In der physiotherapeutischen Behandlung von Skoliosen gilt das Konzept nach Katharina Schroth bis heute als "Goldstandard"

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Therapie ist die Beratung und "Umgewöhnung" von ungünstigen Verhaltensmustern im Alltag. Nur, wenn ein Transfer dieser neu erlernten Haltungs-und Bewegungsmuster in den Alltag gelingt, kann sich ein langfristiger Erfolg einstellen.


Je nach Skolioseform, Alter und Beschwerdebild kommen in meiner Praxis auch viele weitere therapeutische Maßnahmen zum Einsatz:

  • Manualtherapie
  • Funktionelle Bewegungsübungen
  • Therapeutisches Klettern
  • Spiraldynamik
  • Auto-Self-Correction (ASC)
  • Triggerpunkttherapie, Myofasziale Techniken (Behandlung von Muskulatur, Bindegewebe und Faszien)
  • Viszerale Behandlungen (Organbehandlungen)
  • Neurodynamische Mobilisationen
  • Physiologisch-energetisches Taping u.v.m.

Die Therapie gilt dann als ganzheitlich und umfassend, wenn sie mehrdimensional und multimodal ansetzt. Das bedeutet, dass langfristig nicht nur die Wirbelsäule in den Fokus genommen werden darf, sondern auch das Fußgewölbe, die Beinachsen, die Schulter- und Hüftgelenke, sowie die Kiefergelenke und die Organe berücksichtigt werden müssen.

Ebenso darf die psychosoziale Komponente nicht außer Acht gelassen werden!

In der Betreuung von Kindern und Jugendlichen spielt vor allem die langfristige therapeutische Betreuung (bis Wachstumsende), sowie die Motivation eine große Rolle. Insbesondere, wenn es zu einer eventuell notwendigen Korsettversorgung kommt.

Generell gilt:

Je früher die Therapie begonnen wird, je geringer das Ausmaß der Skoliose zu Beginn der Behandlung, je größer die Motivation und Mitarbeit des Patienten und die Unterstützung durch das soziale Umfeld ist, desto bessere Ergebnisse lassen sich erzielen.

Das Korsett

Kommt es zu einer Krümmungszunahme von >15/20° nach Cobb, so wird in der Regel zusätzlich zur skoliose-spezifischen Physiotherapie ein Korsett verordnet, da, solange das Skelettwachstum noch nicht abgeschlossen ist, mit einer Zunahme der Skoliose zu rechnen ist.

Das Korsett hat die Aufgabe, die Krümmungszunahme aufzuhalten, bzw. korrigierend auf das noch vorhandene Wachstum der Wirbelsäule einzuwirken und sollte unbedingt von einem auf Korsettbau spezialisierten Orthopädietechniker angefertigt werden.

Je nach Alter, Stärke der Skoliose und noch verbleibendem Wachstum wird der behandelnde Orthopäde die notwendige Tragezeit festlegen. Um einen möglichst optimalen Erfolg zu gewährleisten, müssen diese Tragezeiten konsequent eingehalten werden. In weiterer Folge finden regelmäßige Röntgenkontrollen und Facharztkontrollen, welche die Wirksamkeit des Korsetts überprüfen, sowie Kontrollen beim zuständigen Orthopädietechniker statt.

Für sportliche Aktivitäten wird das Korsett abgenommen.


Während der Korsettversorgungszeit muss die physiotherapeutische Betreuung fortgesetzt werden, um:

- die Wirkung des Korsetts optimal zu unterstützen

- die Rumpfmuskulatur gezielt zu trainieren

- die aktive Korrektur durch den Patienten selbst, weiterhin zu üben

- die Übungsprogramme laufend anzupassen

- die Motivation (!) für das Tragen des Korsetts aufrecht zu erhalten


Mit Ende des Wirbelsäulenwachstums erfolgt die langsame Abschulung des Korsetts.


Skoliose-Operation

Schreitet eine Skoliose trotz intensiver Therapie und Korsettversorgung voran und erreicht hochgradige Winkelwerte nach Cobb und /oder führt zu Organbeeinträchtigungen (Herz, Lunge), wird eine Operation angedacht.

OP Indikation und Meinung (Zweitmeinung) sollte nur von einem erfahrenen Skoliose-Spezialisten/Operateur, welcher sowohl über die aktuellen konservativen als auch operativen Möglichkeiten Bescheid weiß, eingeholt werden!

Die Hauptziele einer Operation sind:

  • Aufhalten der Progredienz (weitere Verschlechterung)
  • bestmöglichste Bogenkorrektur
  • Verbesserung der Statik und des kosmetischen Bildes
  • Vermeidung späterer Folgebeschwerden
  • Verbesserung interner Parameter

Sowohl in der Vorbereitung auf eine Operation, als auch in der Zeit danach, ist regelmäßige physiotherapeutische Betreuung notwendig.

Skoliose und Sport

Prinzipiell ist jeder Art der sportlichen Betätigung auf Breitensportniveau zu begrüßen. Die Vorteile regelmäßigen Sports -Training von Lunge und Herz- Kreislaufsystem, verbesserte Durchblutung, Stoffwechselanregung, Training der Muskulatur - sind überaus wichtig und stellen eine ideale Ergänzung zur skoliosespezifischen Therapie dar.

Es konnte bisher weder nachgewiesen werden, dass Sport auf Breitensportniveau einen negativen Einfluss auf eine bestehende Skoliose hat, noch, dass bestimmte Sportarten zu einer Krümmungszunahme führen können. ( Liljenqvist et al.; 2006)

Am Schulsport sollte wie gewohnt teilgenommen werden und das Korsett wird bei jeder sportlichen Aktivität abgenommen.

Empfehlungen:

SOSORT - Society On Scoliosis Orthopaedic and Rehabilitation Treatment 2011

Ideal sind Sportarten, welche eine symmetrische Belastung des Körpers darstellen.

z.B.: Tanzen, Aerobic, Walken, Schwimmen, Radsport, Skaten, Skilanglauf...

  • Skoliosen bis 20°Cobb: 
    können uneingeschränkt Sport ausüben

  • Skoliosen zwischen 20°- 40°Cobb:
    Grundsätzlich sind alle Sportarten möglich, jedoch sind stark wirbelsäulenstauchende Sportarten nicht zu empfehlen

  • Skoliosen über 40°nach Cobb:
    Es gelten die gleichen Empfehlungen, wie für Skoliosen zwischen 20°-40° Cobb

  • Operierte Skoliosen:
    Individuelle Beratung notwendig!